
Über Geschäftsreisen
Zu unchristlicher Zeit aufstehen, nachdem ich mich schon die ganze Nacht schlaflos hin und hergewälzt habe vor lauter Nervosität, dass der Wecker nicht funktioniert. Stundenlang auf Flughäfen Zeit mit Smalltalk, Fast Food und E-Mails totschlagen. So fangen sie meist an und so enden sie, die Dienstreisen. Nicht besonders erstrebenswert, oder?


Und doch hat dieses Herausgerissen-Werden aus der Komfortzone und aus der Routine etwas für sich. Zum einen bringt es Spannung in den Job, auf Reisen sieht man sich oft unerwarteten Herausforderungen gegenüber, auf die man sofort reagieren muss. Der Adrenalinspiegel ist immer ein bisschen höher als sonst und wird nur durch den Schlafmangel gedämpft, dieser Zustand hält auch nach der Reise meist noch ein paar Tage an. Und es gibt Raum für neue Begegnungen, man trifft neue Menschen, nicht nur im beruflichen Umfeld, neulich lernte ich sogar im Hotel Leute kennen. Stichwort Hotel, es macht mir immer mehr Spaß, ein paar Tage in einem Hotel zu verbringen. Ging es mir anfangs so, dass ich die ersten beiden Nächte im fremden Bett hundsmiserabel schlief trotz mitgebrachter Übermüdung, die sich auf diese Weise zur Extrem-Übermüdung steigerte, schlafe ich inzwischen meist ganz wunderbar. Mein Hotelzimmer ist auch der Raum für mich allein, den ich sonst nicht habe. In der wenigen Freizeit dort kann ich darin tun, was ich will: Im Bett rumlungern und lesen, Yoga machen, meditieren, Fernsehen, mir Essen aufs Zimmer kommen lassen und futtern, telefonieren …








Schade, dass immer so wenig Zeit ist, die Gegend zu erkunden. Oder es zu gefährlich wäre. Da ich aber noch nie länger als drei Tage irgendwo vor Ort war, hatte ich noch keine Gelegenheit, mich im Hotel eingeschlossen zu fühlen. Selbst wenn man das Gelände nicht verlassen kann, so ist die Umgebung doch präsent: das Klima, Gerüche, Geräusche, Essen und Menschen sind anders.


Die Fahrt zum Flughafen vermittelt einen Eindruck vom Leben in den Städten. Und selbstverständlich sprechen die Zustände am Flughafen Bände über das Land.





Ich lerne auch immer was über mich selber: Welche Situationen mich besonders stressen, wie meine Nervosität sich im entscheidenden Moment in Kaltblütigkeit verwandeln kann, wie mein Kopf plötzlich hellwach sein kann trotz unterirdischer körperlicher Verfassung. Offenbar bedarf es auch der Spannung, damit ich mal richtig entspannen kann. Nach einer kürzlichen Reise war ich tagelang überglücklich, wieder zu Hause sein zu können, durch den grünen, stillen und gut riechenden Wald in Stille zu reiten, mir war wieder bewusst geworden, was für ein gutes Leben ich habe.



