Bewegung

Gambia

Kleines westafrikanisches Land, umschlossen vom Senegal, englischsprachig, muslimisch und ziemlich entspannt.

Hier ruft kein Muezzin und nur vereinzelt sind verschleierte Frauen zu sehen. Der Taxifahrer trägt Rasta und hört Reggae, sein Kollege geht manchmal beten und trinkt „not always“ Alkohol. Das Land ist sehr begrenzt: auf der einen Seite der Atlantik, auf allen anderen der Senegal und zwischendurch fließt der namensgebende Fluss. Zwar leben nur 2,4 Millionen Menschen in Gambia, aber das Land ist so klein, dass es relativ dicht besiedelt ist. Vor den wenigen Kreuzungen der wenigen Straßen stauen sich die Autos, entweder moderne Geländewagen oder alte Wagen aus den 80ern, vor allem Mercedes ist gut vertreten.

Die Menschen sind freundlich. „How are you“, what’s your name“, so geht es den ganzen Tag, sobald man das Hotelzimmer verlässt. Anfangs freut man sich drüber, aber ab dem zweiten Tag war ich genervt und habe das Gelände fast schon fluchtartig verlassen. Hatte das Gefühl, die Nachtwächter lauern einem förmlich auf, um einen in ein Gespräch zu verwickeln. Am ersten Abend machte mein Kollege den Fehler, die Bananenstauden zu bewundern und laut zu überlegen, ob man sie essen könne. Am nächsten Tag wurde uns eine Tüte mit überreifen Bananen überreicht, die der beflissene Wächter extra für uns auf dem Markt gekauft habe. Natürlich ist man genötigt, ein paar Dalasi locker zu machen, aber dass man dann sofort nach der Handynummer gefragt wird, empfinde zumindest ich als übergriffig.

Joggen am Strand wurde so denn auch eher zum Spießrutenlauf. Obwohl ich den Blick nicht hob, sobald einheimische Männer in der Nähe waren, war es ein Rufen, Pfeifen, Zischen, bis sich ein Typ in Badelatschen neben mir in Bewegung setzte und allen Ernstes neben mir herjoggte. Anfangs hoffte ich drauf, sein ungeeignetes Schuhwerk würde ihn bald zum Aufgeben zwingen, aber lange zehn Minuten vergingen, bis mir der Geduldsfaden riss und ich ihn davon in Kenntnis setzte, dass ich lieber allein laufen wolle. Oh, das hätte ich ihm gleich sagen können. Immerhin drehte er dann ohne weitere Klagen ab. Leider lasse ich mir von solch aufdringlichem Verhalten die Laune verhageln. Mit ein Grund, warum ich niemals an einem Ort wie diesem Urlaub machen würde.

Befremdlich, wenn auch nicht ganz unerwartet: Ich erfuhr als Frau eine deutlich andere Behandlung als mein männlicher Kollege. So deutlich, dass sogar er es bemerkte (ich sage das, weil mir schon oft aufgefallen ist, dass Männer die Diskriminierung von Frauen nicht bemerken (wollen), auch wenn sie sich direkt neben ihnen ereignet). Angefangen damit, dass mir niemand gern die Hand geben wollte und eigentlich auch nicht mit mir sprechen. Ganz krass war es in dem Restaurant, in das der potenzielle Kunde uns einlud, uns beide und vier seiner Mitarbeiter. Zugegen war außerdem noch unser Agent vor Ort. Keiner von den Männern wollte sich mit mir unterhalten. Meine Versuche, drei an der Zahl, ein Gespräch mit meinem Gegenüber zu beginnen liefen ins Leere. Beispiel: ich frage ihn, ob er Kinder hat. Antwort: ja. Ich frage ihn, wie alt sie sind: 3 und 7. Zugegeben, ich gab dann schnell auf, aber es war so offensichtlich und ich war zu müde, den Einsatz zu erhöhen.

Noble Hütte am Strand

Ich kann mich nicht erinnern, jemals so nah am Strand eine Unterkunft gehabt zu haben. Am ersten Abend empfand ich das Meeresrauschen und den Wind geradezu als beunruhigend. Erinnerungen an Fernsehbilder vom Tsunami in 2004 hinderten mich am Einschlafen. Nach der zweiten Nacht hatte ich mich an die ungewohnte Geräuschkulisse gewöhnt und hätte sie gerne noch länger genossen. Welch Luxus, das Meer direkt vor der Tür zu haben.

Und auch den Schwimmkanal, zu dem ich direkt von „meiner“ Terrasse aus Zugang hatte, von einer Länge von mindestens 60 Metern, wenn nicht mehr. Ein paar Grad mehr und es wäre die ultimative Trainingsbahn gewesen.

Der Tourismus in Gambia, der im Zuge der Pandemie so gut wie zum Stillstand gekommen war, ist offenbar wieder am Anlaufen, die Taxifahrer bestätigten es und wir konnten es auch daran festmachen, dass unser sonst genutztes Hotel ausgebucht war und wir auf ein Ferienresort für All-inclusive-Touristen ausweichen mussten, das immerhin so gut belegt war, dass man unsere Zimmer am Abreisetag nicht um ein paar Stunden verlängern konnte. Die äußerlich wahrlich beeindruckende Anlage verdient ein paar Worte.

Der erste Eindruck ist Wow, genauso wie der Preis übrigens. Und wegen genau dieses Preises ärgert man sich über die vielen Details, die den anfänglichen Eindruck trüben. Es geht los mit der Tür zum Appartement, die verzogen ist und daher schwer aufgeht und von innen nicht richtig absperrbar ist. Als Nächstes stellt man fest, dass es außer Seife nichts gibt, das heißt kein Duschgel, Shampoo oder dergleichen. Nach erstem Benutzen der Seife merkt man, dass eine Seifenschale fehlt, was schade ist, denn so bleibt einem nichts anders übrig, als damit den Holzwaschtisch zu versauen. Als Nächstes vermisst man einen Becher für Zahnbürste und Zahnpasta. Den Wasserkocher kann man nicht benutzen, weil der Deckel klemmt. Die Lichtschalter haben ihre Macken, das Moskitonetz hat Löcher. Das Sofa ist so versifft, dass ich nicht ohne Unterlage darauf sitzen möchte, ebenso wie die Matte auf der Liege am Pool. Ein Stuhl im Zimmer wäre praktisch gewesen, um am Rechner zu arbeiten. Alles Kleinigkeiten, aber zu viele für einen Preis von 147 Dollar pro Nacht. Die größte Enttäuschung aber war das Frühstück: weder ein ordentlicher Kaffee noch irgendein Saft, der diesen Namen verdient.

Wie kann das sein? Die Antwort lautet: All-inclusive-Tourismus, vor allem aus Great Britain. Eine eigenartige Mischung aus vorwiegend sehr alten Menschen, zum Teil im Rollator unterwegs, aber auch junge Pärchen. Nur eines gab es nicht: Kinder. Die waren auch nicht zugelassen, erst ab 12 Jahren. Das Publikum hängt hauptsächlich am Pool rum, stets den Drink in Reichweite. Wahrscheinlich lässt sich nur so das grenzwertige Essensangebot ertragen, das wir auch am Buffet mittags einmal testen konnten. Wobei die Drinks ebenfalls zu wünschen übrig lassen … Der Cocktail des Hauses wurde lieblos aus zwei Säften und einem Schuss Wodka zusammengeschüttet, beim Kollegen war noch Grenadine drin, bei mir nicht.

Wahrscheinlich bin ich zu deutsch, denn der ineffiziente und schleppende Service nervte mich: Es kostete uns eine Stunde an der Rezeption, auszuchecken und eine korrekte Rechnung zu erhalten. Von dem Hin und Her mit dem über das Hotel organisierten Taxifahrer ganz zu schweigen, der erst kurz vor knapp und nach mehrmaliger Aufforderung eine Quittung über die geleisteten Fahrten lieferte.

Das klingt jetzt alles sehr negativ, dabei habe ich den Aufenthalt durchaus genossen, zumal es sich ja um keinen Urlaub handelte, sondern um eine Geschäftsreise mit ein bisschen Freizeit dabei.

African Experience

Auf Anregung unseres Fahrers ließen wir uns an einem Mittag auf eine „African Experience“ ein: Lunch in einer authentischen Straßenküche. Ich fand die Melange und Dichte an Menschen in der in einer Gasse versteckten Wellblechhütte wenig Vertrauen erweckend, ebenso wie die drei riesigen Töpfe mit dicker Fettschicht oben drauf und riesigen Fleischstücken drin. Aber der Reis mit scharfer Erdnusssaue war durchaus genießbar und machte auch meinem europäischen Magen und Darm keine Probleme.

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