Kultur

Maigedanken

Endlich wieder ein Aufleuchten. Aus diesem Tag habe ich für mich das Beste gemacht. Bin ich rassistisch? Und darf ich immer um mich selber kreisen in diesen Zeiten?

Endlich mal wieder bin ich mit mir zufrieden. Es war eine gute Idee, mich halbtot vor Müdigkeit nach absolviertem Morgenaudit (Aufstehen um 3:45) auf den Berg zu schleppen. Oben genoss ich nicht nur die Aussicht und das Paar Weißwürste, sondern auch das Gefühl einen Gipfel erklommen zu haben. Die Bilanz der letzten beiden Tage ist trotz durchwachsenem Ergebnis schon deshalb positiv, weil ich mit den beiden Auditoren vollkommen entspannt umgehen konnte. Ich fühlte mich souverän in allen Situationen. Sicher lag es auch daran, dass es zwei Frauen waren, selbst wenn ich gegen eine von ihnen Antipathie spürte. Schon im Vorfeld hatten mich diverse Kleinigkeiten genervt in unserer Kommunikation und das setzte sich die beiden Tage fort. Während der Bergtour überlegte ich, ob es auch daran liegen könnte, dass sie chinesische Wurzeln hat, entsprechend aussieht und auch im Englischen mit Akzent spricht. Bin ich rassistisch? Die ehrliche Antwort müsste wohl ja lauten, auch wenn ich es ungern zugebe. Aber woran liegt das? Gut, da ist China als Staat, dessen Politik ich ablehne: Die Unterdrückung und Kontrolle der eigenen Bevölkerung, die gigantische Umweltzerstörung, das schamlosen Imitieren und Fälschen, das Überschwemmen der Welt mit billiger Plastikware, der moderne Imperialismus in Afrika. Das Auftreten dieser Großmacht empfinde ich als beängstigend. Aber natürlich kann der einzelne Chinese nicht unbedingt was dafür. Genauso wie nicht jeder Russe die Politik Putins gutheißt. Ich kenne nicht viele Chinesen. Was auch daran liegt, dass ich den Austausch nicht gesucht habe, wenn sich die Gelegenheit dazu ergab. Wie damals auf dem Meditationskurs: Die Chinesin war mir dermaßen unsympathisch, alles, was sie sagte, hat mich genervt und empfand ich als impertinent, dabei hat sie nur am Ende des Kurses gesprochen, schließlich war es ein Schweigeseminar. Aber ihr Sermon in der Schlussrunde von ausufernder Länge und unerbetenen Informationen weckte ähnliche Abneigung in mir wie die Vertreterin heute. Es ist nicht einfach zu ergründen, ich denke, es lag an dem an den Tag gelegten Selbstbewusstsein, an der Selbstverständlichkeit, mit der Forderungen gestellt werden. Und an der ständigen Wiederholung der gleichen Fragen. Auch wenn sie längst beantwortet waren. Und am fehlenden Interesse an allem, was nicht unmittelbar ihre Aufgabe betraf. Sie hielt sich für sehr clever mit ihrer Art der Fragen an die Auditierten. Dabei war sie nicht sehr gut vorbereitet: Mehrere ihrer Anforderungen waren ihr selber nicht klar. Aber das sind alles keine richtigen Gründe. Vielleicht war es das kulturelle Ding, die Mentalität. Meine Mentalität, die nur das gut findet, was ähnlich ist. Andererseits war ich einfach sauer die letzten Tage, wegen Dingen, für die die arme Frau gar nichts kann. Mein Frust richtete sich gegen sie. Ich konnte es mir leider nicht verkneifen, sie das spüren zu lassen. Nicht korrekt und nicht fair und auch nicht professionell.

Nun, worin bestand der Lichtblick? In der Überwindung der Schwere, der physischen Konstitution und die Zufriedenheit darüber. Ich freue mich, dass mein Körper so stark ist, fühle mich leicht und gut in ihm. Dafür bin ich zutiefst dankbar. Gleichzeitig habe ich Angst davor, diese Leichtigkeit einzubüßen.

Dann hatte ich noch Quality Time mit meinem alten Pony. Ich habe sie ausführlich gepflegt und bin noch eine Runde spazieren gegangen mit ihr. Ohne Zeitdruck. Ich war ganz bei ihr und sie bei mir. Das war schön.

Auf Vera habe ich noch einen kurzen Ritt gemacht, das war auch schön. Schön war dann das leckere Mittagessen zu Hause, ebenfalls ein Geschenk. Und dann habe ich mich ein Stündchen auf dem Sofa ausgeruht, köstlich!!! Zu guter Letzt noch ein Spaziergang in meinem geliebten Viertel.

Ist es legitim, in Zeiten wie diesen nur um das eigene Wohlbefinden zu kreisen? Anderswo herrschen Krieg, Hunger, Verzweiflung. Und ich philosophiere über das Gefühl in meinem Körper!

Aber es nutzt auch niemanden, wenn ich es unterlasse.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert